Von Ibarra aus ging es weiter in den Norden. Wiederum ist früh am Morgen ein Vulkan wolkenfrei – der Cayambe hat eine Höhe von 5790 Meter zeigt sich in seiner vollen Pracht!
Weiter fuhren wir nach El Angel, dies ist ein kleines, unscheinbares Dorf in der Provinz Carchi. Dies ist eine der kühlsten Regionen von Ecuador.
Wir fuhren etwa 35 km auf Schotterstrasse weiter zum Eingang des Reservates El Angel. Dieser Nationalpark hat eine Fläche von 15’700 ha und erstreckt sich auf einer Höhe von 3600 bis 3880 Meter über Meer. Der Park liegt nahe der Grenze zu Kolumbien und die Fauna ist einzigartig!
Die etwa drei-stündige Wanderung führte uns durch die Vegetationszone des Hoch-Páramo. Diese wird geprägt durch Millionen von bis zu fünf Meter hohen Fraiejones-Pflanzen.
Diese Pflanze gehört in die Familie der Korbblüten und zu den Mönchs-Gewächsen. Die haarigen Blätter schützen die Pflanze vor der Kälte, stossen das Wasser ab und reflektieren die Sonnenstrahlen.
Die Pflanzen bilden durch das Wachstum in den Jahren einen Stamm, auf dem die bereits verwelkten Blätter, aber auch die neuen filzigen, weiss-milchig-grünen Blätter mit den Blüten stehen.
Auf dieser Wanderung standen nicht die Tiere im Zentrum, denn da haben wir eigentlich gar keine gesehen. Auf dem Weg führten die Schilder mit den Pflanzennamen durch die Landschaft. Somit gibt es in diesem Blogbeitrag einmal etwas Botanik.
Dem Stipa ichu oder auf Deutsch dem peruanischen Federgras sind wir auch schon im Cotopaxi- und im Antisana-Nationalpark begegnet. Dieses Gras ist in allen Staaten in Südamerika auf den Anden anzutreffen. Dieses Gras ist die bevorzugte Nahrung der Lamas und der Wildpferde im Hochgebirge.
Federgräser sind anspruchslos und auch in vielen Gärten hier in der Schweiz anzutreffen. Es gibt da über 350 verschiedene Arten.
Die Mooskissen schützen den Boden und können die Feuchtigkeit lange speichern. Sie sind somit ein wichtiger Bestandteil des Ökosystems, denn auch wenn wenig Regen fällt, sind die Wasserspeicher im Boden lange gefüllt.
Auch die nächste Pflanze ist bei uns bekannt. Das Johanniskraut (Hypericum laricifolia) wird auch bei uns in den Steingärten gepflegt. In den Anden sind die Blüten der Pflanzen Nektarspender für Insekten und Vögel.
Pampasgras mit den langen Federbüscheln ist in einer anderen Art auch in Europa zu finden. Die Cortaderia nitida ist in Südamerika beheimatet. Im September, als wir im Park waren, fehlten jedoch die langen Blütenstände.
Die grossen Wurzelballen schützen den Boden vor dem Austrocknen.
Die Achupulla (Puya clava-herculis) gehört in die Familie der Bromelien. Diese Art findet man nur in dieser Gegend und im Hochland von Peru. Der Blütenstand wird bis zu 1.5 Meter hoch und bilden eine Nahrung für die Brillenbären.
In dieser Jahreszeit blühen die Puya leider nicht, der Stiel der Blüte wäre dick und auch mit Haaren bedeckt und die Pflanze blüht blau.
Das Schild 7 haben wir verpasst… und beim Schild 8 sind wir an der Lagune Voladero angekommen. Dies ist die bekannteste der vielen Lagunen und Seen im Park. Der Park rund um das Gewässer ist ein Moorgebiet. Die drei Lagunen sind nach der Eiszeit entstanden und die Wassertemperatur liegt zwischen 5 und 10 °C.
Moose sind im Park viele verschiedene Arten anzutreffen, sei es auf dem Boden oder an den Bäumen. Zum Teil sind die Bäume sehr stark mit hängenden Moosen bewachsen. Da sieht man, dass diese Vegetation schon sehr alt ist. Die Moose regulieren die Feuchtigkeit und werden auch von den Vögeln als Nistmaterial verwendet.
Die Bäume bieten Unterschlupf für die Tiere und schützen das Gebiet vor der Erosion.
Am Ufer entlang sind wir bis zu einem Aussichtspunkt spaziert, der den Blick auf eine kleine Insel im See freigibt. Wie auf den Fotos zu sehen ist, hat sich die Wetterlage immer wieder verändert, dies ist typisch für diese Gegend. Wir hatten Glück und blieben vom Regen verschont.
Dann kam die Entscheidung – den Hügel hoch oder der einfache Weg zurück? Das Schild warnt auf jeden Fall, dass dieser Anstieg nur mit gesundem Herz zu bewältigen ist.
Aufgrund der Aussage von Santiago, dass wir von da oben die Aussicht über die Landschaft super sei und wir uns ja für den Aufstieg auch Zeit nehmen können, ist unsere Wahl auf das Treppensteigen gefallen.
Da mussten wir hoch…. – eigentlich nicht so schlimm, aber mit der dünnen Luft war dies doppelt anstrengend!
Mit ein paar Verschnaufpausen sind wir dann oben beim ersten Aussichtspunkt angekommen und die Sicht auf die Lagune hat uns für die Strapazen belohnt.
Und wieder mussten wir eine Entscheidung treffen – noch einen Hügel weiter hoch “krakseln” oder bereits den Abstieg zum Startpunkt antreten? Klar – wir sind nur einmal hier und deshalb haben wir den Fotorucksack deponiert, damit schon dieses Gewicht wegfällt und wir haben die nächsten Höhenmeter in Angriff genommen.
Unterwegs kam dann eine SMS. Sie befinden sich nun in Kolumbien!
Die Reise in den unbekannten Norden von Ecuador lohnt sich schon nur für diesen Park!
Der Abstieg zum Parkplatz war dann um einiges weniger anstrengend.
Eigentlich wären in diesem Park verschiedene Tierarten zu sehen. Der Andenfuchs, Hirsche und Wildkaninchen bei den Säugetieren und auch verschiedene Vogelarten sind hier heimisch. Aber wie überall, die kommen halt einfach nicht auf Wunsch, sondern es hat auch mit Glück zu tun, wenn Tiere in der Wildnis zu sehen sind.
Auf der Rückfahrt nach Ibarra stoppten wir an der blutigen Lagune – Yahuarcocha.
Ein Massaker, das hier angeblich während der Eroberung des Gebiets durch das Inkareich im späten 15. oder frühen 16. Jahrhundert stattfand, gab den See den Namen (übersetzt Blutsee). Die indige Bevölkerung, die Caranqui, leistete erbitterten Widerstand gegen die Inka-Invasion. Der Inka-Kaiser Huayna Capac (regierte. ca. 1493-1525) errang schliesslich den Sieg. Dem spanischen Chronisten Miguel Cabello de Balboa zufolge ordnete Huayna Capac ein Massaker an der männlichen Bevölkerung von Caranqui an, um sich für den Widerstand zu rächen. Das Massaker an Tausenden von Männern fand an den Ufern der Lagune statt und das Blut der Getöteten färbte die Lagune rot.
Heute ist die Lagune ein Ausflugsziel für die Ecuadorianer.
Für uns waren auch hier die Vogelarten interessant zum Beobachten. Schnell sahen wir im Schilf einen Prachtfinken, der rot aus den Pflanzen herausstach.
Der Rubintyrann (Pyrocephalus obscurus) wird auch Purpurtyrann oder Rubinköpfchen genannt. Wie immer, ist der lateinische Name der Massgebende.
Das Männchen hat einen knallroten Kopf und Bauch, das Weibchen ist etwas blasser, aber genauso schön. Mit dem lachsfarbigen Bauch und der weiss-braun gemusterten Brust kann es beim Schönheitswettbewerb mit dem Mann mithalten.
In einem Baum haben wir noch zwei Jungvögel entdeckt, die von beiden Eltern gefüttert wurden. Die Zwei sind noch im Junggefieder, aber bereits nicht mehr im Nest. Die jungen Vögel werden mit Insekten, aber auch mit Beeren gefüttert.
Weitere Vogelarten an der Lagune waren die Kuhreiher, denen sogar eine Skulptur gewidmet wurde, die Andenente mit ihrem blauen Schnabel und Kormorane.
Danach sind wir zurück in die Hosteria Chorlavi gefahren. Das Nachtessen konnten wir heute im Restaurant geniessen. Mein Essen ging zuerst zurück, da das Fleisch für mich nicht medium war, sondern noch blutig.
Das Essen schmeckte gut, aber das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt nicht. Gegenüber dem Frühstück, das liebevoll serviert wird und auch dem Niveau der Lodge entspricht, kann man dies vom Nachtessen nicht sagen.