Das Schutzgebiet von Maromizaha erreichen wir nach rund zehnminütiger Autofahrt. Bereits um 07:00 Uhr erwartet uns Etienne, unser Naturführer, auf einem steinigen Parkplatz etwa einen halben Kilometer vom Eingang des Reservates entfernt. Also eigentlich wäre dies der Ausgang, denn wir starten den Weg rückwärts, so müssen wir weniger bergauf laufen.
Zuerst müssen wir trotzdem einmal einen Teil auf einem geschotterten Weg und ein paar Höhenmeter zurücklegen, bis wir beim Eingang des effektiven Schutzgebietes ankommen.
In den Gräsern und Büschen gibt es aber bereits einiges zu entdecken – Insekten in allen Variationen.
Heuschrecken, Stabschrecken, eine Gottesanbeterin und verschiedene Käfer haben sich im recht dürren Gras versteckt.
Dem Rufen der Lemuren sind wir eine Weile gefolgt. Den Weg hoch und wieder runter, und manchmal auch abseits des offiziellen Pfades. Aber gesehen haben wir die Tiere nicht. Da das Reservat noch relativ jung ist, und nicht viele Touristen herkommen, sind die Tiere noch sehr scheu und die Fluchtdistanz zu gross. Wir haben dann das Suchen und Verfolgen abgebrochen und uns auf andere Tiere konzentriert.
Ein tolles Fotomodel war das Calumma malthe. Google gibt an, dass dies auf Deutsch den Namen «Malthes grünohriges Chamäleon» hat. Auf jeden Fall hat es grüne Ohren. Und wie auch fast alle anderen Chamäleons, mag es keine Handys, sondern faucht, wenn man mit dem glänzenden, eckigen Ding in die Nähe kommt.
Wir befinden uns am Anfang der Regenzeit, da färbt sich der Kragen der Tiere neonfarbig. Mit einer Grösse von rund 30 cm (mit Schwanz gemessen) gehört diese Art zu den mittelgrossen Chamäleons.
Gesehen haben wir auch noch das Seitenlinen-Chamäleon oder auch Seitenstreifen-Chamäleon (Calumma gastrotaenia). Es ist mit ca. 14 cm eine kleine Chamäleonart.
Diese Art ist fast nur noch in dieser Gegend anzutreffen. Die Tiere bevorzugen dichte Wälder.
Das Mittagessen haben wir im “Bellvue” genossen. Ein Unterstand mit einer herrlichen Aussicht auf die Wälder des Reservates. Von Weitem hörten wir die Indris rufen und unter unseren Füssen huschte eine kleine Eidechse umher. Der mit einem Laserpointer ausgestrahlte Fleck am Boden interessiert die Eidechse sehr. Wie eine Katze versuchte sie den Punkt zu fangen.
Gleich bei der Aussichtsplattform sass eine Raupe mit einem roten Kussmund im Strauch. Aber auch durch den Tag haben wir viele haarige Raupen gesehen. Kommt man mit den Brennhaaren in Kontakt, gibt dies ja nach Art nur Quaddeln oder aber eitrige Ausschläge, weil von den Haaren ein Nesselgift freigesetzt wird. Dies schützt die Raupen vor Fressfeinden. Die kleine schwarz-weisse Raupe würde ich Pummeluf nennen, aber dieser Name ist bei den Pokémon bereits vergeben.
Natürlich haben wir an diesem Tag auch Vögel im Wald gesichtet. Gleich drei neue Arten kommen bei meiner Tierliste hinzu.
Der Grünweber (Ploceus nelicourvi) gehört, wie der Name schon sagt, zu den Webervögel. Der in Madagaskar endemischer Vogel kommt in den östlichen und nördlichen Regenwäldern und manchmal auch in Gebüschen und Gärten vor. Meist ist einzeln oder paarweise anzutreffen, manchmal auch in gemischten Schwärmen. Das kunstvoll geflochtene Nest hat einen langen Eingangstunnel und hängt auffallend in einem offenen Bereich.
Der Seidenjala (Philepitta castanea) wird ca. 12–14 cm gross und kommt nur auf Madagaskar vor.
Während der Balzzeit ist der Vogel schwarz und hat über den Augen hat er einen leichten blauen Strich und grüne Hautlappen. Somit befindet sich der Vogel auf dem Foto in der Paarung-Stimmung. Ausserhalb der Vermehrungszeit ist das Männchen unauffällig olivfarbig. Bei den Weibchen sind Kehle, Bauch und Brust zeitunabhängig gelbgrün und hell gescheckt, Rücken und Federn sind matt olivgrün bis olivbraun.
Auch der Blau-Seidenkuckuck (Coua caerulea) ist in Balzstimmung. Mit seinem Tanz und kleinen Geschenken, die er seiner Ausgewählten bringt, möchte er die Dame überzeugen, dass er doch der richtige Vater für ihre Jungen ist. Männchen und Weibchen sehen gleich aus und werden ca. 50 cm gross. Übrigens ist diese Art kein Brutparasit. Er legt die Eier nicht in fremde Nester und überlässt anderen die Aufzucht. Beide Elterntiere ziehen die Jungen selbst gemeinsam auf.
Wie immer, bei den Fröschen habe ich fast keine Chance, die Namen zu finden. Mit etwas Glück kann ich noch die Gattung bestimmen, aber welche Art oder Unterart es dann ist, finde ich mit Google nicht heraus. Und eine schlaue App wie bei den Vögeln habe ich noch nicht gefunden.
Aber mit der Zeit werde ich da sicher auch die passenden Namen erhalten.
Und manchmal kommen die Frösche zu nah – einer hüpfte gleich in die Sonnenblende der Kamera rein – da war Fotografieren nicht mehr möglich.
Auf eine riesige Gruppe junger Smaragd-Riesenkugler (Zoosphaerium neptunus) trafen wir bei einem kleinen Bachlauf. Ausgewachsene Weichen erreichen eine Grösse von 9 cm, die Männchen werden mit 4,5 cm nur halb so gross. Die Art kommt nur in Madagaskar vor. Die Tiere können nicht hören, sondern reagieren auf Vibrationen. Als Nahrung dient den Tieren Fall-Laub und totes Holz.
Die zwei braunen Kugler konnte ich nicht bestimmen. Die Grösse betrug ungefähr 3 cm im Durchmesser.
Der Tag geht langsam dem Ende zu und beim Warten auf die Dunkelheit für die Nachtwanderung konnten wir in den Bäumen eine Gruppe von Rotbauch-Makis (Eulemur rubriventer) beobachten.
Diese Art lebt monogam, die Pärchen bleiben ein Leben lang zusammen.
Da diese Tiere die Samen der Pflanzen ganz schlucken, tragen sie viel zur Weiterverbreitung der Bäume und Sträucher bei. Die geschluckten Samen werden nicht verdaut, sondern ganz wieder ausgeschieden und dies meist an einem neuen Platz – zusammen mit dem Kot, der gleich der neuen Pflanze ein Düngedepot spendet. Die Rotbauchmakis werden maximal drei Kilogramm schwer und erreichen ein Alter von 25 Jahren.
Die Dunkelheit umgibt uns und wir machen uns auf den Rückweg. Schon tagsüber haben wir in den abgestorbenen Teilen der Farnblätter nach einem seltenen Chamäleon gesucht, aber erst jetzt, bei der Nachtwanderung, haben wir es gefunden. Calumma roaloko, ein erst kürzlich entdeckte Art, ist mit seinen maximal 9,4 cm das kleinste Chamäleon der Calmma Gruppe. Der Name roaloko kommt aus dem madagassischen und bedeutet «zwei Farben». Beim Weibchen, dass wir fotografiert haben, ist dies nicht so sichtbar. Das Männchen wäre oben grün und unten braun.
Ein weiteres kleines Chamäleon war das Brookesia superciliaris. Wer auch immer dem Tier den Namen gegeben hat, mir kommt da Mary Poppins mit Supercalifragilisticexpialidocious in den Sinn.
Aber natürlich hat der Name eine andere Bedeutung. Das Wort superciliaris kommt aus dem lateinischen und bedeutet Augenbraue.
Das braune Blattchamäleon oder Stumpfschwanzchamäleon ist eines der grössten Brookesia-Arten, mit seinen rund neun Zentimeter.
Müde und voller Bilder von dieser mit 13 Stunden langer Wanderung sind wir am Abend ins Hotel zurückgekehrt.
Es war ein herrlicher Tag – mit fast 1000 Fotos auf der Speicherkarte. Nach dem ersten Bearbeiten für den Blog blieben noch etwa 200 übrig, aber auch da werden noch einmal eine Menge gelöscht.
Hier noch ein paar Fotos, die sicher nicht gelöscht werden: